Da fährt man in die Ferien und denkt sich nichts Böses. Aber zur Sicherheit hat man so viel wie möglich dabei, um Notfällen entgegen zu wirken. So kriegt auch der Hund eine eigene Apotheke und mit dabei ist unter anderem auch Schmerzmittel und andere medizinische Hilfsmittel. Aber was dann kommt, auf das ist man nicht vorbereitet: Der Hund wird trotzdem krank. Leider ist dies eine Art Sequel, denn wir hatten das letztes Jahr schon mal, erinnert ihr euch?
Und wie wenn einem Jemand einfach Übel mitspielen will, so passiert etwas, für das man entweder nichts dabei hat oder das man selber nicht lösen kann. In unserem spezifischen Fall dieses Jahr war es der Zahn. Oder besser gesagt: Zähne. Für uns Menschen sichtbar wurde dies ungefähr in der Mitte unserer zweiten Woche hier in Dalsland.
Episode I: The phantom menace.
Eines Morgens während dem Essen weicht Joya urplötzlich vom Napf zurück und lässt sogar ein wertvolles Stück Essen gleich neben dem Napf fallen und schaut mich ganz schockiert an. Jasmin ist noch im Bett und ich denke mir nichts Böses. Eher so: Was ist denn jetzt? So heikel tut die Kleine doch nie beim Essen. Ich rede ihr noch gut zu, dass es doch etwas Feines sei (Wir mussten auf schwedisches Essen umstellen, da unser heimisches ausgegangen ist). Schlussendlich nimmt sie das Fressen dann doch und räumt auch auf. Also, geht doch.
Im Verlaufe des Tages aber bemerken wir dann, wie die linke Gesichtshälfte anschwillt. Ungefähr wie nach einer Schlägerei. Klar machen wir uns auch gleich Sorgen, aber über die Ursache denken wir zuerst Mal noch nicht gross nach. Obwohl, das stimmt natürlich auch nicht ganz: Vermutungen stellen wir schliesslich genug an, aber trotz 100 gefühlten Ideen tut sich dennoch keine eindeutige Diagnose auf (aber viele Differentialdiagnosen bleiben weiterhin möglich).
Das Auge ist in der Zwischenzeit gut angeschwollen, aber grösstenteils noch über der Braue. Die Bindehaut gerötet und die Nickhaut etwas vorgeschoben. Wir können gerade nicht viel tun. Aber unser Schatz kriegt mal etwas Schmerzmittel (das auch entzündungshemmende Eigenschaft besitzt) und der Tag geht ereignislos vorbei. Am Morgen dann der grosse Schock: Das Auge sieht noch schlimmer aus, und Joyas Gesicht wirkt ungefähr doppelt so gross. Allerdings nur auf einer Seite. Jetzt ist die Braue abgeschwollen, dafür die Backe dick und die Nickhaut deckt fast das halbe Auge ab.
Jetzt ist etwas Panik in der Luft, die wir uns aber gegenseitig immer wieder ausreden: Ja, sieht schlimm aus. Wird aber vermutlich was harmloses sein… Bis wir dann den abgebrochenen Zahn entdecken. Und jetzt dampft die Luft (Weil man ja nicht Kacke sagen will… Ups, trotzdem passiert). Ich schnappe mir mein Telefon und rufe in der Tierklinik an. Zahnspezialist in den Ferien. Wir sollen es woanders probieren.
Nächste Klinik, anderes Szenario: Zahnspezialist da, aber ausgebucht. Man kann in den Notfall kommen, aber da sieht sich das ein „normaler“ Tierarzt an. Also weiter im Telefonbuch. Nach 10 Kliniken kriegen wir einen Termin für den nächsten Tag bei einem Allgemein-Tierarzt. Immerhin. Also am nächsten Tag ins 125 km entfernte Hammarö bei Karlstad zur Untersuchung.
Guter Rat ist teuer. Aber kosten tut es nicht viel.
Die Tierärztin meint es ja nett, aber ausser Fieber messen und mit Taschenlampe ins Maul gucken geht auch da nix. Wir werden aufgeklärt, dass es entweder mit Antibiotika von alleine besser wird, oder dann nicht. Wenn nicht, soll man in den Notfall. Oder hoffen, dass ein Zahnspezialist doch einen Termin freischaufeln kann.
Wie man sich als Mensch so an die Hoffnung klammert, nehmen wir das Antibiotikum mit und fahren wieder heim. Wir verabreichen also die nächsten 2 Tage Schmerzmittel, Antibiotika und entzündungshemmende Nahrungsmittel-Ergänzungen und versuchen 4 Mal am Tag, eine Verbesserung zu vermuten (die manchmal da zu sein scheint, aber ein paar Stunden später sind wir dann nicht sicher, ob es nicht sogar schlimmer wird).
Am Tag 2 nach dieser Erstkonsultation beschleicht uns das Gefühl, dass uns die Ärtzin zu leichtfertig abgetan hat und am Tag 3 steigt dann doch Panik auf. Also krame ich mal wieder mein Telefon vor und erweitere den Radius und finde eine Klinik in Göteborg, die auch einen Zahnspezialist da hat. Aber halt keine freien Termine. Aber in den Notfall kann man kommen. Gut, irgendwie auch in Ordnung, denn es ist Sonntag. Also los. 30 Minuten später sitzen wir im Auto (es ist ungefähr Mittagszeit) und wir fahren 160 Kilometer nach Göteborg. 2 Stunden Fahrzeit mit viel Nervosität bei den Zweibeinern. Joya verschläft das gekonnt.
Die Stadt ruft.
In der Klinik angekommen gehen Jasmin und Joya rein, melden sich an und werden im Notfall empfangen. Diesmal muss nicht der Vierbeiner draussen bleiben, sondern der extra Zweibeiner. Corona-Massnahmen sei dank. Ich warte also geschlagene drei Stunden, bis die zwei wieder draussen sind. Ich hatte in der Zeit meine eigenen Abenteuer, denn das Personal lässt mich nicht mal rein auf das Klo. Und Sonntag ist in dem Industrie-Vorstadtquartier auch sonst nichts offen.
Aber nun gut. Auch heute ist nur eine oberflächliche Untersuchung gemacht worden. Die Tierärztin hier ist sich aber sicher: Da ist was faul mit dem Zahn. Wohl wörtlich. Wir mögen morgen zur Zahnspezialistin kommen. Da wird Liebling Joya sediert und geröntgt (endlich), und gegebenenfalls auch gleich operiert.
Der kranke Hund reist nach Göteborg. Zum zweiten Mal.
Also 160 km und 2 Stunden Fahrt zurück. Ein kläglicher Versuch, ein paar Stunden zu schlafen (ohne Erfolg) und um 4 Uhr aufstehen und die 160 km wieder nach Göteborg. Um 7 Uhr da angekommen werden wir aufgenommen und informiert, dass Joya erst um 3 Uhr Nachmittags an der Reihe ist. Selbstverständlich lassen wir unseren Schatz nicht alleine da rumsitzen. Also nehmen wir sie wieder mit, fahren in ein Naturreservat 20 Minuten südlich von Göteborg und gehen nochmal gemütlich spazieren.
Wir vertrödeln sehr gemütlich die Zeit bis um 14 Uhr. Jasmin bringt dann Joya wieder vorbei. Sie darf bei Joya bleiben, bis die Zahnspezialistin Joya um 14.45 in den OP nimmt. Jetzt müssen wir Zweibeiner die nächsten 2-3 Stunden irgendwie verbringen, ohne uns den Horrorszenarien von Komplikationen oder schlimmer zu stellen. Also wandern wir verhältnismässig lustlos etwas am Wasser entlang.
Selbstverständlich sind wir sehr früh zurück (10 Minuten vor dem Ablauf der zwei Stunden. Die hatte die Ärztin als frühest möglichen Zeitrahmen erklärt). Offensichtlich sind wir alles andere als ruhig und entspannt. Und da: Saved by the bell. Nur rund 10 Minuten vor der Klinik warten, läutet das Telefon und die Ärztin teilt uns mit, dass es Joya gut geht und erklärt mir, was sie getan haben und wie es weiter geht.
Etwas musste weg.
Joya wurden 2 Zähne gezogen. Die hatten Frakturen und darunter bereits einen Entzündungsherd (respektive je einen pro Zahn). Also wurden die Zähne ausgeräumt und im Kiefer rumgebohrt, damit auch ja alle Wurzeln ebenfalls raus sind. Wir kriegen den Hund völlig „plem plem“ aber gesund ausgehändigt. Joya winselt, jammert und drückt sich an uns. Es ist herzzerreissend. Jetzt darf sie mit uns auf dem Rücksitz reisen. Also mit Jasmin, um genau zu sein. Ich fahre die 160 km nun zum vierten Male. Aber diesmal wenigstens recht erleichtert.
Die folgenden Tage ist Schonprogramm angesagt. Wir beobachten unseren „kranken“ Hund. Zunehmend kommt die Lebenskraft zurück. Aber das Auge will einfach nicht besser werden… Die Nickhaut deckt nach wie vor fast die Hälfte des Auges ab und die Bindehaut ist weiterhin gerötet. Man versichert uns, dass sich das innert 14 Tagen schon von selbst löst (Naja, nicht ganz von selbst. Immerhin geben wir weiterhin Schmerzmittel mit entzündungshemmender Wirkung und zudem immer noch die Antibiotika).
Sommerzeit ist Beerenzeit.
Mir persönlich reicht das aber nicht. Ich ergänze Joyas Ernährungsplan um einige natürliche Ergänzungen (Hauptsächlich ein paar spezifische Früchte, Enzyme und „Wurzeln“). Und als ob es das Zünglein an der Waage war, sehen wir am Tag danach das erste Mal eine klare Verbesserung. Gut ist es noch nicht, aber die Nickhaut ist weniger prominent und die Rötung nicht mehr ganz so gesättigt. Noch einen Tag später beobachten wir nochmal eine Verbesserung. Diesmal sehr deutlich. Am Tag 3 nach den extra Nahrungsmittel konstatieren wir, dass es nun schon fast ganz zurückgegangen ist.
Bereits vor den Beerchen hat Joya wieder angefangen, sich zu uns auf die Couch zu legen und vor allem sich wieder auf den Rücken zu drehen. Nun bemerken wir erst, dass sie das schon seit einer Weile nicht mehr gemacht hat. Hatte sie wohl doch schon eine Weile diese Probleme und wir haben es erst so „spät“ gemerkt? Na, können wir nicht ändern. Als sie uns dann am zweiten Tag nach Beerenrechnung auch das erste Mal wieder angespielt hat und ihre verrückten 5 Minuten hatte (die wir übrigens auch seit einer Weile nicht mehr gesehen haben) war es nun klar: Der kranke Hund war endlich wieder ein gesunder Hund.
Und die Moral von der Geschicht? Gibt es nicht.
Nun darf sich hier jeder seine eigene Lehre draus ziehen. Kliniken bereits frühzeitig recherchieren?
Den Hund, auch wenn er gar keinen Schmerz oder Probleme zeigt, besser beobachten?
Waren es die Nahrungsergänzungen, die beim entzündeten Auge am Meisten geholfen haben oder dann doch die synthetischen ABs? Oder einzig die Operation? Oder einfach alles zusammen?
Fakt ist, dass es nun gut ist. Ich wünsche keinem Hundehalter, dass er ausgerechnet in den Ferien im Ausland so ein Spiessrutenlaufen durchmachen muss. Daher: Bleibt gesund und achtet gut auf eure Schützlinge. Wir versuchen nun, aus den verbleibenden Tage noch das Schönste rauszuholen und Joya zu schonen.