Ein guter Spaziergang

Ein guter Spaziergang

Heute wollen wir uns mal mit dem Thema Spazieren beschäftigen. Ja, so ganz ohne Fokus auf Wanderung oder Reisen. Gut, man könnte ja diskutieren, wo der Spaziergang aufhört und die Wanderung beginnt. Ich bin mir sicher, wir finden so viele Antworten, wie wir Leute befragen. Aber zurück zum Kern der Sache: Was ist denn eigentlich ein guter Spaziergang?

Ausgelasteter Hund - zufriedener Hund?

Oft hört man sowohl von Hundehaltern als auch sogenannten Profis: „Der muss nur richtig ausgelastet werden. So richtig auspowern musst du den Hund.“ oder etwas derartiges wie: „Das ist ein [Lauf-, Renn-, Schlittenhundrasse einsetzen], der braucht Gazillionen Stunden intensives Laufen“.

Aber stimmt dies wirklich? Ist ein guter Spaziergang (oder mehrere am Tag) dringend lang, schnell und/oder intensiv?

Von A nach B.

Änhlich wie Menschen möchten Hunde einen „Sinn“ im Leben haben; oder eine Aufgabe erfüllen. Hört sich nun etwas esoterisch an? Vielleicht. Aber vielleicht sollte man das nicht ganz so wörtlich nehmen. Wir möchten uns gerne mit Sachen beschäftigen, die uns wichtig sind, die uns Freude machen, die uns etwas bringen.

Auf dem Spaziergang

Und genau so geht es unseren Hunden.  Entgegen dem, was gewisse Menschen so denken, so ist es dem Hund oft eigentlich herzlich egal, WOHIN es eigentlich geht (Mal abgesehen von speziellen Orten, die der Hund mit besonders intensiven Erlebnissen verbindet). Es interessiert ihn viel mehr WAS da so alles läuft.

Mal im Ernst, wer von uns würde denn ohne Hund sinnlos von A nach B laufen. Damit meine ich eben nicht zum Supermarkt (macht ja Sinn, wenn man nichts mehr im Kühlschrank hat). Auch die schöne Wanderung dem Walenpfad entlang ist da nicht gemeint (Wir wandern aus mehreren Gründen, so z.B. schöne Aussichten, den Körper fordern etc.). Nein, ich meine ohne jeden Sinn  und Inhalt eine x-beliebige Strecke ablaufen? Wohl die wenigsten. Und auch so geht es dem Hund.

Nein, auch das Versäubern reicht als Grund nicht aus. Klar, Hunde müssen und wollen sich versäubern. Daneben haben Sie aber noch so viel mehr an Bedürfnissen, die eben auch zu einem zufriedenem Hundeleben gehören. (Eben halt auch wie bei uns.)

Den Nosebook-Feed lesen.

Immer wieder wundere ich mich über die Leute, die ihre Hunde nach einer halben Sekunde hinter sich herschleifen, sobald der Kleine irgendwo stehen bleibt, um zu Schnüffeln. Wieso eigentlich?

Unsere Hunde haben bekanntlich einen sehr stark ausgeprägten Geruchssinn. Die Dimensionen, welche und wieviele Informationen unsere Vierbeiner durch das Schnüffeln aufnehemen, werden wir vermutlich nie ganz erfassen. Nur mal so viel: Es werden Zillionen Sachen sein!

Wenn also Hunde Informationen über ihre Umwelt rein durch den Geruchssinn aufnehmen können, dann ist der Spaziergang ja also quasi eine Recherche über das WER WO WAS in der Region. Also Zeitung lesen. Oder für die jungen Leute: Social Media Feeds durchswipen. Facebook für Hunde, oder besser: NOSEBOOK.

Folglich solltest du deinem Hund immer genug Zeit lassen, auf dem Spaziergang zu Schnüffeln. Es ist deinem Vierbeiner gegenüber nur gerecht, dass er seine sozialen Umweltinformationen einholen darf.

Nosebook

Ein entscheidender Vorteil hat das für den Menschen: Das Benutzen dieser zig Millionen Riech- und Hirnzellen macht auf Dauer schön müde. Auslastung durch Riechen? Durchaus machbar. Wer mal 2 intensive Trails mit seinem Hund gelaufen ist weiss, dass der Vierbeiner danach so richtig gut müde ist. Nicht, dass das jetzt jeden Tag nötig wäre, aber so mal als Denkanstoss. Also bitte nehmt euch genügend Zeit, dass man auch mal etwas weniger schnell vorankommt, dafür der Hund seine sozialen Bedürfnisse gedeckt kriegt.

Interaktives Erlebnis.

35’000 Jahre Selektion durch den Menschen haben dazu geführt, dass der Hund so vieles anders macht, als der Wolf. Die wichtigste Veränderung liegt dabei klar auf der Hand: Der Hund interagiert nicht nur freiwillig, sondern gerne mit seinem Zweibeiner.

Ja, es gibt auch solche Charaktere, die etwas weniger direkten Kontakt bevorzugen. Aber generell ist es so, dass der Hund den Kontakt zu seinen Zweibeiner sogar dem Kontakt zu den Artgenossen vorzieht. Der Hund möchte also MIT uns Sachen erleben, MIT uns spielen, MIT uns kuscheln und dösen etc.

Für uns bedeutet das nun, dass sich unser Hund meistens sehr darüber freut, wenn wir kleine Interaktionsepisoden in den Spaziergang einbauen. Das können kleine Spieleinheiten sein, ein paar Tricks oder Trainingseinheiten einschieben, zusammen rennen etc.

Interaktion

Nicht jeder Hund wird auf jede Art der Interaktion anspringen oder sich über alles freuen. Du weisst ja bestimmt schon, was dein Vierbeiner mag, also warum nicht da einsetzen?

Tipp 1: Ein Bad tut immer gut.

Vielleicht hast du ja auch einen der Gattung Wasserratte? Dann kannst Du das Baden direkt in deinen Spaziergang einbauen. Lieber die Route etwas kürzen und dem Vierbeiner Zeit zum Planschen lassen. Vielleicht auch zusammen die Füsse ins kühle Nass stellen oder im Wasser spielen.

Auch hier solltest Du selbstverständlich darauf achten, dass es nicht überbordet oder sich eine übetriebene Erregung einschleicht, die zu Problemen führen könnte.

Tipp 2: Rasten und Vespern.

Gemütliche Spaziergänge ohne Zeitdruck sind sowieso die besten. Auch für uns Menschen. Auch das können wir gleich fix mit einplanen, wenn wir los ziehen. Lass dir genügend Zeit, an einem gut gelegenen Ort auch mal ein Päuschen machen. Viele Hunde mögen dies. Dann können Sie in Ruhe schnüffeln und erkunden. Oder mit seinem Zweibeiner etwas vespern.

„Warum draussen etwas essen? Der hat doch Zuhause sein Futter.“ Nun, kurz und bündig: Essen beruhigt und macht glücklich. Mehr Wissenschaft braucht es fürs Verständnis nicht, gerade Hunde, die auf den Spaziergängen eher hyperaktiv und sehr erregt sind können so lernen, dass wir auch draussen mal ruhig und entspannt unterwegs sein können.

Sei einfach vorsichtig, falls andere Hunde in die Nähe kommen sollten. Nicht, dass dein Hund das Gefühl kriegt, seinen Knochen verteidigen zu müssen. Das könnte ins Auge gehen.

Unterwegs vespern

Nach dem Gehen sollst du ruh'n.

Das meist unterschätzte Element eines guten Spaziergangs ist aber …(Trommelwirbel vorstellen)… Tataa! Das Ruhen danach. Hunde verbringen je nach Rasse, Charakter und Alter rund 16-20 Stunden mit Ruhen. Diese Zeit benötigen sie, um Erlebtes zu verarbeiten und um die Batterien wieder aufzuladen.

Zu wenig Ruhe kann zu dauerhaft erhöhtem Stresslevel, Gereiztheit, Aggressivität und anderen Verhaltensauffälligkeiten führen. Auch Gesundheitsschäden können entstehen und schlussendlich sogar tödlich enden. Zugegeben, ganz so dramatisch geht es selten zu.

Nichtsdestotrotz solltet ihr darauf achten, dass der Hund nach dem Spaziergang genügend Zeit für ein Schläfchen kriegt. Auch die Vierbeiner wollen ihren Powernap haben.

Sprechstunde mit Joya

Fazit

Beschäftigung, Schnüffeln, Erkunden und gemeinsames Erleben lasten unsere Vierbeiner oft genügend aus und machen erst noch zufrieden. Es brauchen nicht immer 2-3 Stunden Gehen/Laufen sein, um „ausgelastet“ zu sein. Im Gegenteil: Geistige Beschäftigung kann schon mal müder machen, als alles Physische zusammen.

Ein guter Spaziergang sieht bei jedem Hund-Mensch Team etwas anders aus. Denn sowohl Zwei- als auch Vierbeiner haben ihren eigenen Charakter und ihre eigenen Vorlieben und Bedürfnisse.

Beobachte also eure Situation gut und passt euch aneinander an, damit in Zukunft (fast) jeder Spaziergang ein guter Spaziergang wird.

Der kranke Hund

Der kranke Hund

Eigentlich wollte ich in den nächsten Stunden eine neue Wanderung hochladen. Dieses Mal aus dem schönen Oberengadin. Die Reise haben wir auch angetreten und sind gut in Surlej angekommen. Gleich nach der Ankunft den Hund aus dem Auto geholt und unter schönem Sternenhimmel die frische Nachtluft für einen ausgiebigen Spaziergang genutzt. Im Hotel angekommen zeigt sich zum Entsetzen aller aber ein neues Bild: Der kranke Hund.

Einmal ist keinmal.

Die erste Runde Gepäck ist im Zimmer. Der Vierbeiner ebenso. Ich bleibe mit Joya erstmal da, während Jasmin die weiteren Gepäckstücke holt. Ich fotografiere kurz das Zimmer. Vielleicht mache ich ja eine Rezension des Hotels oder so. Man weiss ja nie. Joya sieht sich um. Vielleicht hätte ich da schon was ahnen können. Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass sie zögerlicher ist, als sonst. Muss ja aber auch nichts heissen. Vielleicht gefällt es ihr hier ja auch nur nicht ganz so gut wie das letze Mal, wo wir „fremd“ gewohnt haben.

Sie legt sich artig hin und beobachtet mich beim fotografieren. Jasmin kommt sogleich zurück und ruft entsetzt, was denn passiert sei. Joya zeigt Meideverhalten. Ich kann ehrlich sagen, dass nichts passiert ist. Vielleicht geht es ihr ja schlecht? Noch bevor wir die Option durchgesprochen haben übergibt sich der kleine Schatz. Entsetzen macht sich breit. Der Teppich erst mal etwas ruiniert. Wir putzen was das Zeugs hält. Und kaum sind wir fertig, dasselbe Spiel an einem neuen Ort im Zimmer. Erneutes Entsetzen. Diesmal allerdings, weil das sehr selten vorkommt, dass sich Joya mehr als einmal übergibt.

Und damit wir Zweibeiner ja nicht umsonst Sorgen machen, geht das noch ca. 8 Mal so. Klare Sache, dass das Handy angeworfen wird, der diensthabende Notfall-Tierarzt verständigt wird und wir uns direkt ins Auto setzen und ins nahe Samedan düsen mit dem armen Schatz.

Oh doctor, oh doctor.

Der Tierarzt, den wir notabene aus dem Schlaf gerissen haben, untersucht die kleine Maus, gibt ihr etwas gegen die Übelkeit, spritzt subkutan 500ml Flüssigkeit gegen Dehydration und entlässt uns mit Spekulationen, einem Sack Hills Diätfutter (Uargh) und einer Rechnung, die sich gewaschen hat. Ach ja, und mit einem Termin für den Tag darauf.

Immerhin, Joya übergibt sich nicht mehr. Ruhe finden wir aber alle nicht. Wir sind ca. 2:30 zurück im Hotel, aber wir Zweibeiner liegen mit kleinen Unterbrüchen bis um 5 wach, weil sich Joya alle paar Minuten neu hinlegt , stöhnt, seufzt und hin und wieder regelrecht jammert. Wir machen uns heillose Sorgen, dass es vielleicht schlimmer ist, als angenommen.

Glück im Unglück.

Irgendwann können wir aber alle drei mal etwas schlafen. Wandern ist aber passé. Der kranke Hund soll nicht strapaziert werden. Und mal ehrlich: Nach dieser kurzen und harten Nacht können auch wir Zweibeiner ohne federlesen getrost auf Aktivitäten ausserhalb des Nötigen gut verzichten. Nach dem Aufstehen kommt etwas mehr Leben in den Hund. Trotz dass sie immer noch klar angeschlagen ist, kann man jetzt schon wieder etwas lockerer trippeln. Aber nach dem Geschäft schnurstracks zurück ins Zimmer und gleich wieder pennen.

Ab zum zweiten Tierarzt-Termin. Neuer Arzt, gleiches Szenario. Diesmal gibt es aber auch noch Antibiotika dazu und etwas gegen Durchfall, der seine hässliche Fratze heute morgen auch noch zeigen musste. Joya dackelt aber wie mit neuen Lebensgeistern eingeimpft mit ihrem Wasser-Kamelbuckel sehr viel munterer aus der Praxis als wie wir hergekommen sind. Ob das an den Medikamenten oder dem Akt des Weggehens aus der Praxis liegt, das bleibt unbeantwortet.

Ruhe verordnet. Und dankbar angenommen.

St. Moritz-Bad

Wir sollen den Hund weiterhin schonen. Muss man uns eigentlich nicht sagen. Wie besorgte Eltern könnten wir ihr eh nichts zumuten, wenn es ihr schlecht geht. Aber immerhin müssen wir ja trotzdem mal raus. Als gehen wir bei St. Moritz ein paar Meter am See entlang. Das Wetter ist eh nicht besonders einladend und Joya zeigt auch schon bald, dass sie genug hat. Also gehen wir mit einem kurzen Abstecher in den Supermarkt danach auch gleich zurück ins Hotel. Hund legt sich hin und schläft alsbald. Wir sind auch gerädert, bleiben aber wach. Abends noch in die Pizzeria mit unserer guten Freundin Birgit. Wir finden es sehr schade, dass wir nicht mehr Zeit miteinander verbringen konnten. Immerhin sind wir ja eigentlich dafür hier hoch gefahren. Wir haben uns alle so auf etwas gemeinsame Zeit gefreut. Aber nun gut, lässt sich jetzt nicht ändern.

Der kranke Hund, obwohl bereits sichtlich besser, legt sich nach dem Abendessen im Zimmer sofort hin und ist sofort im Tiefschlaf. Arme, kleine liebe Maus. Morgen ein drittes Mal zum Tierarzt. Mal sehen, wie es ihr dann geht. Aber alles sieht gut aus.

In der Eltern-Matrix.

Ich sehe heute ein, wie sich Eltern wohl so fühlen müssen, wenn ihr Kind krank ist. Besonders, wenn so schlechte, durchwachte Nächte dazu gehören. Daher an dieser Stelle: Meinen Respekt an alle Mammis und Papis. Ihr leistet ganze Arbeit. Ein Dankeschön besonders an alle Mütter, die solches und ähnliches jahr-ein und jahr-aus leisten.

Der kranke Hund, ein Fazit.

  • Also mal ehrlich: Die Sorgen, die wir uns um unseren Liebling gemacht haben, sind deren, die sich Eltern eines Homo sapiens babies machen, exakt gleich. Wir haben mit unserem Baby gelitten und die schlimmsten Szenarien im Kopf vorgestellt.

  • Wir haben seit Stunden nur eines im Kopf: Hoffentlich geht es ihr bald gut. Alles andere ist scheissegal.

  • Wir sind froh hat Jasmin eine Privathaftpflicht, die den Hund berücksichtigt. Der kranke Hund hat etwas Spuren hinterlassen. Nicht schlimm, aber doch sichtbar.

  • Die Haustierversicherung wau-miau, die Jasmin hat, ist ihr Geld wert. Und nicht das erste Mal. Weil die Arztkosten für diese 2 Besuche bereits jetzt schon recht steil sind und wir ja höflich eingeladen wurden, morgen wieder zu kommen.

  • Dankeschön den Tierärzten, die gute Arbeit geleistet haben. Besonders dem diensthabenden Notfall-TA, der um 2 in der Nacht nochmal aufstehen musste für uns.

Totmüde, aber sehr viel ruhiger und zufriedener wünschen wir euch allen, dass euch das nicht passiert und dass ihr ebenso viel Glück im Unglück habt, sollte es doch einmal passieren.

Der Wolf hat genug geheult für heute.
Úlfhéðinn aus.