Wildes Schweden

Einer wie keiner

Reisen ist schon was Eigenartiges. Einerseits eine willkommene Auszeit aus dem Alltag, andererseits nicht nur Erholung. Im Gegenteil, es ist oft sogar ziemlich anstrengend. Wir ziehen nun seit 11 Tagen durch die Wälder von Dalsland (mit 2 Ausreissern, aber das zählen wir jetzt mal nicht). Für jeden dieser Tage darf ich sagen: Es ist einer wie keiner.

 

"Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben."
Alexander von Humboldt
Alexander von Humboldt
Naturforscher

The call of the wild.

Hin und wieder vergessen wir moderne Menschen gern mal, wie wild es da draussen sein kann. Wälder ohne Strassen, die da durchführen. Gewässer ohne begradigte Ufer. Die nächste Siedlung nicht nur ein paar wenige Kilometer entfernt. Kein Empfang, die Liste könnte noch lange so weiter gehen. Hier haben wir eine Idee davon bekommen, wie ruhig die Welt auch noch sein kann. Zugegeben, Dalsland ist nicht tiefste Wildnis. Aber wir kriegen hier mindestens den Hauch eienr Ahnung, wie es sich vielleicht anfühlen könnte.

Der Ausblick ist einer wie keiner

Besonders auf unseren Wanderungen können wir die Menschen, die wir jeweils angetroffen haben, an einer Hand abzählen. Hunde haben wir noch viel weniger angetroffen. Öffentliche Verkehrsmittel? An bizarren, verlassenen Stellen an den Schnellstrassen einzelne Busshäuschen, aber keine einzige Verbindung zu ausgezeichneten Naturreservaten mit Sehenswürdigkeiten. Verdrehte Welt. Mir gefällt das sehr gut, dass ich hier wieder mal Wälder sehe, die nicht an Ecken und Enden „bewirtschaftet“ sind.

Allemansrätten: inte störa - inte förstöra

Es ist höchste Zeit, dass ich mal ein paar Worte über das Thema Jedermannsrecht verliere. Gibt es das theoretisch ja auch in der Schweiz, sieht das hier in der Praxis schon etwas anders aus. Das Jedermannsrecht in Schweden hat eine lange, orale Tradition und ist seit 1994 in der Regieringsform (RF) schriftlich festgehalten. Da steht: ”Alla ska ha tillgång till naturen enligt allemansrätten”. (Gemäss dem Jedermannsrecht sollen alle Zugang zur Natur haben). Das Naturvårdverket (Staatliche Behörde für Umwelt- und Naturschutz) fasst das Jedermannsrecht so zusammen: Nicht stören – Nicht zerstören.

 

Mal abgesehen von all den juristischen Schwierigkeiten, die ein so knapp beschriebenes Gesetz leider auch noch mit sich bringt, ist das ein Freiheitsrecht, das ich sehr hoch schätze. Die Natur gehört Niemandem und Allen. Und solange man nicht stört und auch nicht zerstört, sollte man nur in Ausnahmefällen den freien Zugang regulieren. Privatisierung von Wasserzugang? Was, bitteschön, soll denn das?

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Pfütze

Aber ich schweife ab. Und will es auch hiermit belassen. Eines ist klar. Freiheit und Natur sind hier gross und wild. Und so gefällt es mir. Mit jedem Tag ein bisschen mehr. Denn einer ist wie keiner. Jeder einzigartig.

Zwei Wanderungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Gestern haben wir uns dann an den Sörknatten Wanderweg gewagt. Starker Wind und wiederkehrende, kurze Schauer haben diese Wanderung extra anspruchsvoll gemacht. An und für sich recht einfach zu meistern, haben die Wetterkonditionen uns an unsere Grenzen gebracht. Und damit die Wanderung erst recht einzigartig gemacht. Schönwetter-Wandern kann ja jeder. Wir auch. Lest hier mehr über unseren Ausflug zum Sörknatten.

Heute dann aber bei 20 Grad dem Väner entlang durch lichte Wälder. Sonne gut. Wasser gut. Schären gut. Värmland gut. Alles gut. Einfacher kann man so eine Wanderung nicht gestalten. Aber eben auch kaum schöner machen. Die Schärenlandschaft und das Wasser versprechen die gleiche Freiheit, wie auch der Ausblick über die weiten Wälder und Seen, die man vom Sörknattenled aus sieht. Mehr zum heutigen Wassertag kannst Du hier lesen.

Einer wie keiner: Ausblick auf den Väner

Ein jeder Tag ist einzigartig. Und dennoch haben sie alle ein paar Sachen gemeinsam. Vielleicht sammeln wir mal Schlüsselwörter:

  • Freiheit
  • Natur
  • Wildnis
  • Schönheit
  • Einsamkeit
  • Ruhe
Eine wie keine

Ich weiss ja nicht, wie es euch geht beim Durchlesen dieser Liste. Mir jedenfalls kommt da nur eines in den Sinn: Mehr von dem „Einer wie keiner“, weniger vom „Jeden wie jeder“.

Und jetzt fertig mit der Hosentaschen-Philosophie.
Schlafts recht gut, ihr Lieben.

Ekenäs: Skärgård

Wandern in Ekenäs: Millesvik und Lurö Skärgård

Unser heutiger Ausflug führt uns über die Gemeinde- und Länsgrenze nach Värmland. Der Startpunkt ist der Campingplatz in Ekenäs. Von dort aus Wandern wir entlang der Küste und geniessen die Aussicht auf den Väner und den Schärengarten.

Karte Ekenäs

Die Wanderung findet Ihr wieder auf KOMOOT

Schären. Hatten wir das nicht schon?

Der treue Leser fragt sich jetzt vielleicht: „Warum schon wieder Schären?“Der Gründe gibt es viele. Aufzählen mag ich die jetzt nicht. Aber es sei so viel gesagt? Es gibt halt viele in der Region und es ist schon einfach schön. Wir sind alle gern am Wasser, besonders Joya, die sich freut wie Anton, wenn sie herausfindet, dass dieses Wasser nicht salzig-eklig-pfui ist. Wir Zweibeiner geniessen vor allem die Weite und Distanz die der Väner zu bieten hat. Und heute hatten wir echtes Glück, denn bei beinahe 20 Grad ist auch der Wind auszuhalten, der hier doch ganz schön zugig unterwegs ist.

Schären nahe Ekenäs

Der Väner.

Höchste Zeit, mal etwas über den Väner zu reden. Gerne auch Vänern genannt. Wo liegt denn da der Grund, einmal mit und einmal ohne Schluss-N?

Das n am Schluss ist der bestimmte Artikel im deutschen, also etwa der Väner. Die Schweden sagen halt eben meistens gleich „Der Väner“ oder dann „an dem Väner“. Wenn wir das also eindeutschen, bleibt die Frage, ob wir gleich „den Väner“ eindeutschen, oder dann die unbestimmte Form „Väner“. Klugscheisserei? Jupp, und daher für Viele eh egal. Auch gut.

Der Väner also ist mit rund 5500 Quadratkilometer ungefähr 5 Mal so gross wie der Kanton Zürich und ca. 10 Mal so gross wie der Bodensee. Also mit anderen Worten: Riesig! Das alleine ist ein Erlebnis. Steht man geschickt und schaut in die Richtung des am weitesten entferntesten Ufer: Richtig: Kein Ufer in Sicht. Alle Inseln im See zusammen gezählt ergibt ungefähr 22 000 Inseln. Warum gleich nochmal immer wieder Schären? Genau deshalb. Vielleicht könnte man frecht behaupten, dass weder die Flagge noch die Köttbullar das Schwedischte überhaupt sind, sondern die Schären. Zwar nicht nur im Väner, aber eben auch da.

Schären im Väner

I see den See.

Wir gehen also heute zum dritten Mal auf eine „Seenwanderung“ am Väner. Alle 3 Wanderungen sind irgendwie anders und trotzdem sehr ähnlich. Heute ist so ein Zwischending: Nicht ganz so wild wie in Yttre Bodane, nicht ganz so siedlungsnahe wie in Tösse. Es ist ein schöner Spaziergang und mit 8 km und wenig Steigung ein leichtes Unterfangen. War ja auch so das Ziel, nachdem wir uns gestern auf der Bergwanderung am Sörknatten an unsere Grenzen gebracht haben.

Die Wanderung von Erkenäs aus ist schnell beschrieben: Ein wunderschöner Spazierung durch den typischen Wald, den wir hier so lieben. Immer wieder kommen wir aus dem Wald und geniessen beinahe unbeschreiblich schöne Aussichten. Auf Landholmen hüpfen wir über die Felsen und gehen direkt ins Wasser. Also, um genau zu sein, Joya trippelt gerade rein, wir verbleiben mit auf trockenem Fusse. Aber gerade eben so. Denn auch wir lieben die Wassernähe.

Ausblick auf den Väner

Badestrand bei Åkershus und zurück an den Start.

Am Ende des zweiten Drittels unserer Wanderung finden wir eine kleine Bucht mit Sandstrand. Eigentlich könnten wir hier baden. Uns ist aber heute nicht danach. Nur Joya nutzt die Gelegenheit und stapft mehrmals ins Wasser. Wir machen ein Päuschen und essen ein par Kanelbullar (Zimtschnecken). Danach gehen wir am grossen Strandteil vorbei. Das hat es Menschen. Daher gehen wir weiter, und suchen das zweite Windschutzhüttchen auf dieser Tour auf. Meiner einer sammelt ja Fotohighlights, und diese Hüttchen müssen mit drauf.

 

Die Windschutzhütte

Nach der Windschutzhütte müssen wir ein Stück auf dem selben Waldpfad zürck an den grossen Strand und dann geht es auf einer Nebenstrasse zurück an den Start. Wandern in Ekenäs: Hat sich gelohnt. Auch wenn die Fahrt hierher mit circa 90 Minuten etwas viel war.

Im Naturreservat Sörknatten

Naturreservat Sörknatten

Die heutige Wanderung zum Sörknatten hat es richtig in sich. Es ist ein richtiges Abenteuer und ein echtes Räuberland. Das Naturreservat Sörknatten ist mitunter etwas vom Schönsten, was ich hier in Schweden je gesehen habe.

 

Karte Naturreservat Sörknatten

Diese Wanderung findest Du wie immer auch auf KOMOOT

Schlechtes Wetter gibt es nicht?

Die heutige Wanderung auf den Sörknatten ist schon mal was Aussergewöhnliches. 7 km Bergwandern und rund 7 km unten durch zurück. Mit rund 230 Höhenmeter auch unsere „anspruchvollste“ Wanderung. „Na“, sagt der geübte Wanderer aus dem alpinen Mitteleuropa, „da haben wir aber schon Schwierigeres gemacht“. Stimmt wohl. Aber ein alter Bekannter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht: Petrus war wohl gestern wieder zu lange in der Kneipe und hat seine Schauer heute ungeschickt platziert. Denn der flachgeschliffene Fels wurde durch das Wasser zu einer glänzenden Rutschbahn. Und das während 7 Kilometern. Schlechtes Wetter gibt es nicht? Pustekuchen, mein lieber Herr Gesangsverein.

Joya im Naturreservat Sörknatten

Über sieben Rücken musst Du gehen.

So generell verläuft die Wanderung auf einem Hügelzug, der von Norden aus zuerst zum Husdalsberget und fünf Kilometer später dann auf den Sörknatten führt. Der Anblick, der sich uns offenbart, hinterlässt aber mehr das Gefühl, als ob es viele einzelne Hügelzüge sind. Da sieht man wieder mal eine Kuppe, erklimmt diese vorsichtig und mühselig, da das Rutschen hier nicht zielführend wäre, und dahinter windet sich ein neuer Rücken zu einer neuen Erhebung. Obwohl die Wanderung eigentlich seit dem Husdalsberget konstant nach unten geht, gibt es eben doch jede Menge einzelner, kleiner Gipfel, die es zu erklimmen gilt.

Sörknatten

Wildes Naturreservat.

Ich mag die Schweden. Ich mag es hier im Speziellen, dass die ganzen Wanderwege eigentlich selten welche sind. Die Natur wird so belassen wie sie ist. Hin und wieder ist da ein Trampelpfad, mehr aber nicht. Auch hier ist das so: Alle naselang ein angemalter, errichteter Stein als „Weg“markierung, that’s it. Keine Treppen in den Stein gehauen, keine Geländer, nada. Allerdings fluche ich heute ein paar Mal genau deswegen: Weil der nasse Stein so grausam rutschig ist, würde ich mir hin und wieder etwas Weg oder eine Kette zum Festhalten wünschen. Es nützt nix, da müssen wir durch. Also wenn es sein muss, auf alle Viere runter und vorsichtig Meter für Meter hoch kraxeln.

Joya mit Wegmarkierung

Das Räuberland.

Auf der ganzen Strecke schon ist die Aussicht genial. Kann man sich die vereinzelten Häuser, Stromleitungen und andere sichtbare, menschliche Infrastruktur wegdenken, kommt man sich sowieso vor wie in einem Märchen. Oder noch etwas konkreter: Wie in Astrid Lindgrens Ronja Räubertochter. Denn hier im Naturreservat Sörknatten wurde der gleichnamige Film damals aufgenommen. Das Alter hat mein Erinnerungsvermögen durchaus schon etwas getrübt, denn ich kann mich beim besten Willen kaum an Details aus dem Film erinnern. Ich habe aber trotzdem alle paar Meter das Gefühl, dass es hier sein muss. Die Gegend hier scheint wie eine Blaupause für mindestens diese eine Erinnerung. Wer braucht schon einen Waisenbub mit einem krummen Ast, der lauter Fake-Latein Sprüche herauspresst, wenn er im wilden Räuberland sein kann?

Profitip: Rechnet hier dringend mehr Zeit ein. Die 5 Stunden sind ohne grosse Pause gerechnet und da man ohnehin schon immer wieder mal stehen bleibt, wird der Zeitaufwand nur noch grösser, sollte man sich auch mal länger hinsetzen wollen.

Wochenende Ruhestand

Vorgeschmack auf den Ruhestand

Das Wochenende ist ein Vorgeschmack auf den Ruhestand

Hermann Lahm
Wochenende am See

Das Wetter, mein Retter

Hallo meine lieben Liebenden. Ich bin es mal wieder, eure Joya. Endlich komme ich mal wieder zu Wort hier als Gast-Kollumnistin. Es sind ja nun doch schon wieder einige ereignisreiche Tage ins Land gezogen. Als gute und treue Leserschaft wisst ihr das ja aber bereits. Der in-house Marketing Heini hat ja jeden Tag irgendwelche Communiqés rausgejagt.

Trotz kleineren Anlaufschwierigkeiten hatten wir hier bisher echtes Dusel. Das Wetter hat sich nämlich von der bestmöglichsten Seite gezeigt. Sonne, blauer Himmel und warm, sagt ihr? Ungefähr, aber nicht ganz. Es war durchgehend warm genug, nämlich zwischen 17 und 22 Grad. Gerade so Kurze-Hosen Wetter, sagen die Zweibeiner. Für mich stellenweise bereits an der oberen Grenze. Sonnig, ja, aber immer schön regelmässig von Wolken unterbrochen. Blau-Gelb wechselt sich ab mit Grau-Schwarz. Von allem gerade die richtige Menge. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Lagom sagt der Schwede dazu.

Mein Gefolge hat sich richtig ins Zeugs gelegt und sich jeden Tag was Tolles ausfallen lassen. Meistens haben sie mich ins Grüne kutschiert, wo ich mich mit dem Nosebook auf dem Boden beschäftigen konnte und die Umgebung erkundschaften durfte. Toll ist das. Aber auch anstrengend. Und so sind wir alle schön ausgelastet, um nicht zu sagen: Etwas müde. Und genau da kommt es: Gerade rechtzeitig schlägt das Wetter um. Am Wochenende ist Schiet-Wetter.

Die ruhige Kugel.

Die Zewibeiner maulen zwar etwas über das Wetter, geben sich dann aber pflegeleicht und reduzieren ihre Ansprüche. Klar, sie führen mich immer noch an gute Fleckchen damit ich meine me-time bekomme. Aber der Aufenthalt im Freien ist nun etwas knapper. Dafür habe ich Zuhause mehr Zeit für mein Spiel- und Knabberzeugs. Und viel, viel Zeit um zu dösen. Wenn ich dann auch gerade mal lustig bin, lehne ich mich an einem der Affenartigen an. So gibt es auch noch etwas kuschelzeit.

Vorgeschmack auf den Ruhestand.

Ja, was der olle Herr Lahm da sagt, hat schon einen Kern Wahrheit in sich. Ein solches Wochenende als Vorgeschmack auf meinen Ruhestand gefällt mir. Ob ich dann wirklich so viel Ruhe geben und haben werde, zeigt die Zeit. Jetzt gerade ist es sehr schön, auf der faulen Haut rum zu liegen.

Ruhestand in Sicht?

Damit verabschiede ich mich für heute.Morgen sieht die Welt dann vielleicht schon wieder anders aus.

Tüdelü, ihr Lieben
Eure Joya