Reisen ist schon was Eigenartiges. Einerseits eine willkommene Auszeit aus dem Alltag, andererseits nicht nur Erholung. Im Gegenteil, es ist oft sogar ziemlich anstrengend. Wir ziehen nun seit 11 Tagen durch die Wälder von Dalsland (mit 2 Ausreissern, aber das zählen wir jetzt mal nicht). Für jeden dieser Tage darf ich sagen: Es ist einer wie keiner.
The call of the wild.
Hin und wieder vergessen wir moderne Menschen gern mal, wie wild es da draussen sein kann. Wälder ohne Strassen, die da durchführen. Gewässer ohne begradigte Ufer. Die nächste Siedlung nicht nur ein paar wenige Kilometer entfernt. Kein Empfang, die Liste könnte noch lange so weiter gehen. Hier haben wir eine Idee davon bekommen, wie ruhig die Welt auch noch sein kann. Zugegeben, Dalsland ist nicht tiefste Wildnis. Aber wir kriegen hier mindestens den Hauch eienr Ahnung, wie es sich vielleicht anfühlen könnte.
Besonders auf unseren Wanderungen können wir die Menschen, die wir jeweils angetroffen haben, an einer Hand abzählen. Hunde haben wir noch viel weniger angetroffen. Öffentliche Verkehrsmittel? An bizarren, verlassenen Stellen an den Schnellstrassen einzelne Busshäuschen, aber keine einzige Verbindung zu ausgezeichneten Naturreservaten mit Sehenswürdigkeiten. Verdrehte Welt. Mir gefällt das sehr gut, dass ich hier wieder mal Wälder sehe, die nicht an Ecken und Enden „bewirtschaftet“ sind.
Allemansrätten: inte störa - inte förstöra
Es ist höchste Zeit, dass ich mal ein paar Worte über das Thema Jedermannsrecht verliere. Gibt es das theoretisch ja auch in der Schweiz, sieht das hier in der Praxis schon etwas anders aus. Das Jedermannsrecht in Schweden hat eine lange, orale Tradition und ist seit 1994 in der Regieringsform (RF) schriftlich festgehalten. Da steht: ”Alla ska ha tillgång till naturen enligt allemansrätten”. (Gemäss dem Jedermannsrecht sollen alle Zugang zur Natur haben). Das Naturvårdverket (Staatliche Behörde für Umwelt- und Naturschutz) fasst das Jedermannsrecht so zusammen: Nicht stören – Nicht zerstören.
Mal abgesehen von all den juristischen Schwierigkeiten, die ein so knapp beschriebenes Gesetz leider auch noch mit sich bringt, ist das ein Freiheitsrecht, das ich sehr hoch schätze. Die Natur gehört Niemandem und Allen. Und solange man nicht stört und auch nicht zerstört, sollte man nur in Ausnahmefällen den freien Zugang regulieren. Privatisierung von Wasserzugang? Was, bitteschön, soll denn das?
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Aber ich schweife ab. Und will es auch hiermit belassen. Eines ist klar. Freiheit und Natur sind hier gross und wild. Und so gefällt es mir. Mit jedem Tag ein bisschen mehr. Denn einer ist wie keiner. Jeder einzigartig.
Zwei Wanderungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Gestern haben wir uns dann an den Sörknatten Wanderweg gewagt. Starker Wind und wiederkehrende, kurze Schauer haben diese Wanderung extra anspruchsvoll gemacht. An und für sich recht einfach zu meistern, haben die Wetterkonditionen uns an unsere Grenzen gebracht. Und damit die Wanderung erst recht einzigartig gemacht. Schönwetter-Wandern kann ja jeder. Wir auch. Lest hier mehr über unseren Ausflug zum Sörknatten.
Heute dann aber bei 20 Grad dem Väner entlang durch lichte Wälder. Sonne gut. Wasser gut. Schären gut. Värmland gut. Alles gut. Einfacher kann man so eine Wanderung nicht gestalten. Aber eben auch kaum schöner machen. Die Schärenlandschaft und das Wasser versprechen die gleiche Freiheit, wie auch der Ausblick über die weiten Wälder und Seen, die man vom Sörknattenled aus sieht. Mehr zum heutigen Wassertag kannst Du hier lesen.
Ein jeder Tag ist einzigartig. Und dennoch haben sie alle ein paar Sachen gemeinsam. Vielleicht sammeln wir mal Schlüsselwörter:
- Freiheit
- Natur
- Wildnis
- Schönheit
- Einsamkeit
- Ruhe
Ich weiss ja nicht, wie es euch geht beim Durchlesen dieser Liste. Mir jedenfalls kommt da nur eines in den Sinn: Mehr von dem „Einer wie keiner“, weniger vom „Jeden wie jeder“.
Und jetzt fertig mit der Hosentaschen-Philosophie.
Schlafts recht gut, ihr Lieben.